Pressemeldung: 100 Brote und alle Katzen sind schön

Jena. Die Aktionsküche Black Kitchen ist aktuell einem Gerichtsverfahren ausgesetzt. Einer Köchin der Gruppe wird vorgeworfen am 20. Januar 2016, beim Einkaufen für die Versorgung der Demonstrant*Innen gegen den rechten Aufmarsch der AFD, am Johannisplatz Polizisten beleidigt zu haben. Die Aktivistin bewegte sich mit einem Einkaufswagen gefüllt mit 100 Broten in Richtung Wagnergasse, dabei trug sie einen Beutel mit der Aufschrift „All Cats Are Beautiful“ und dem Bild einer Katze daneben. Dies beleidigte die am Johannisplatz stehenden Polizist*innen dermaßen, dass sie den Transport der Versorgungslieferung für die anstehenden Gegenproteste stoppten und eine Anzeige aufnahmen. Der Ermittlungseifer der Beamten des Staates ging soweit, dass sogar telefonisch private Kontakte zu dieser „schweren Tat“ befragt wurden.

Dies verzögerte nicht nur die Kochaktion, sondern beschäftigt die Kochgruppe nun ganz anderweitig. Es klingt nach einem absurden Scherz aber am 21. August 2017 9:00 findet im Amtsgericht Jena der Prozess gegen die Köchin statt.

Das Black Kitchen kündigt Unterstützung für die Aktivistin an und ruft alle auf sich solidarisch zu zeigen. Paul Koch vom Black Kitchen zum Prozess:

„Dies ist ein lächerlicher und kläglicher Angriff auf einen Teil antifaschistischer Infrastruktur. Wir übernehmen selbstverständlich alle aufkommenden Kosten, die Aktivistin zahlt nichts für diesen Unsinn. Wir werden das Gericht mit einer Welle wunderschöner Katzenbilder zum einlenken bringen.“

Wer sich solidarisch zeigen möchte kann vertrauensvoll Geld für die Prozesskosten an Black Kitchen spenden und ist aufgerufen am Prozesstag den Prozess kritisch und lautstark zu begleiten.

Juristisch ist nach Einschätzung des Black Kitchens die Verwendung von Parolen wie „All Cats Are Beautiful“ bereits abschließend durch das Bundesverfassungsgericht geklärt: „Die Parole „ACAB“ ist nicht von vornherein offensichtlich inhaltlos, sondern bringt eine allgemeine Ablehnung der Polizei und ein Abgrenzungsbedürfnis gegenüber der staatlichen Ordnungsmacht zum Ausdruck. Es handelt sich um eine Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.“.

Das Black Kitchen ist ein Aktionskochkollektiv, welches das Ziel verfolgt eine vegane Essensversorgung für radikale und emanzipatorische Kämpfe zu stellen.

All Cats Are Beautiful
All Colors Are Beautiful
All Children Are Beautiful
All Creatures Are Beautiful
All Cops are Bullshit
Autonome Chaoten argumentieren besser
Apfel, Citrone, Ananas, Banane
Acht Cola Acht Bier
ACAB

Black Kitchen

– see us on the streets

They are G20 – we are one

They are G20 – we are one: vom Netzwerk der praktischen Solidarität in Hamburg

Wir sind froh, dass die G20 die Stadt wieder verlassen haben. Aus einer herrschaftskritischen und emanzipatorischen Perspektive ist ein solches Treffen zur „Lösung der großen Fragen der Welt“ per Definition falsch, absurd und gewalttätig gegenüber den Menschen auf dieser Erde. Wir finden es nicht verwunderlich, dass keinerlei konkrete Lösungen auf irgendeine Frage gefunden wurden. Entscheidungen werden getroffen – oder eben nicht – ohne demokratische Mittel oder Konsens. Die ausbleibenden Ergebnisse zeigen die fehlenden Handlungsspielräume der Teilnehmer*Innen, obwohl diese Gipfel als vermeintlich so notwendig erachtet werden. Es stellt sich dabei die Frage, ob überhaupt Lösungen gesucht werden und politischer Wille vorhanden ist. Die Zumutungen und die Gewalttätigkeit des neoliberalen kapitalistischen Systems sind schlichtweg traurig. Die Ablehnung dieser scheinbar alternativlosen Wirtschaftsform zeigt sich in der Vielzahl der bunten (schwarz ist auch eine Farbe) Protestaktionen, die eine unglaubliche Welle der Solidarisierung ermöglichen.

Ein kleiner Überblick über diese schönen Aktionen zeigt, dass die Stärke der Proteste in ihrer Solidarität liegt. Vereint durch das Bewusstsein, Unrecht zu benennen. Die G20 Proteste können nicht losgelöst vom grundrechtsfreien Ausnahmezustand unter der Belagerung einer Armee von vermummten Staatschaot*Innen verstanden werden. Diese versuchten mit ihrer 38 Quadratkilometer großen grundrechtsfreien Zone, gewalttätigen Übergriffen und polizeilichen Staatsstreichen im Vorfeld alle vom Protest abzuhalten. Trotz der durchgängig spürbaren staatlichen Repression konnte der Widerstand nicht gebrochen werden.

Ein spektrenübergreifender Blumenstrauss aus unterschiedlichen Protestformen konnte diesen brutalen Angriffen standhalten. Es gelang Demoverbotszonen, Schlaf-, Koch-, Kunst- und Bewegungsverbote zu überwinden und den Widerstand in die Straßen Hamburgs zu tragen.

Aktionen Übersicht (Auswahl):

  • 30.6: Konzert vor der Flora mit Hunderten Teilnehmer*Innen und politischer Kundgebung, Polizei begnügt sich mit Verkehrsregelung
  • 2.7 Versuch ein Camp im Nachgang einer Demo auf dem Rathausplatz durchzusetzen, massive Polizeigewalt
  • 2.7 Versuch der Durchsetzung des antikapitalistischen Camps und Polizeiputsch (Exekutive setzt sich über Judikative)
  • 4.7 Massencornen, Versuch der Auflösung durch Polizei -> Durchsetzung durch Aktivist*Innen
  • 5.7 Nachttanzdemo „Lieber tanz ich als G20“ mit 25.000 – 30.000 Teilnehmer*Innnen
  • 5.7 und 6.7 Gipfel für globale Solidarität (als Gegenentwurf zum G20)
  • 5.7 Performance „1000 Gestalten“
  • 6.7 „Welcome to Hell“ Demonstration, willkürlicher Angriff auf die Demonstration und Zerschlagung durch Polizei, Neuformierung nach einigen Stunden.
  • 6.7 (Ersatz Anmeldung) Demonstration „G20-Entern“; Polizeiübergriffe, aber Demo läuft auf „Welcome to Hell“ Route bis zum Schulterblatt
  • 7.7 4:00-5:59 Kundgebung „Infrastructure for the people“ vor dem Gängeviertel, Versuch von Polizeiauflösung 6:04. Polizisten wurden weggetanzt, Kundgebung zog spontan weiter
  • 7.7 „Block G20 Colour the Red Zone“
  • 7.7 „Jugend gegen G20“, Kriminalisierung der Teilnehmer*Innen durch angedrohte Klassenbucheinträge und Einschüchterung
  • 7.7 Logistik des Kapitals lahmlegen
  • 7.7 „Colourful Mass“ gegen G20
  • 7.7 Zusammenstöße und direkte Aktionen am Schulterblatt und an der Schanze
  • 8.7 „Grenzenlose Solidarität statt G20“
  • 8.7 Zusammenstöße und direkte Aktionen am Schulterblatt und an der Schanze
  • 8.7 Rave von „Alles Allen“, zusammengeschlagen von Polizei (Schwerverletzte)
  • 9.7 GeSa (Gefangenen Sammelstelle) Solidemo zum Harburger Rathaus

Die Vielfalt der Aktionsformen und Spektren der Proteste ist die große Stärke, die wir aus Hamburg mitnehmen. Die Fähigkeit der Selbstorganisation und der gelebten anderen Welt als Gegenentwurf zum Ausnahmezustand des bürgerlichen Staates, ließen sich in der ganzen Stadt entdecken. Ob selbstorganisierte Strukturen, solidarische Anwohner*Innen oder offene Orte. Viele Aktivist*Innen erfuhren ein Gefühl von Willkommenheit und Offenheit in Hamburg.

Hamburg war ein internationales Fest des Widerstands. Die „alte Welt“ hat alles aufgeboten und auf den Straßen moralisch, ethisch, rechtlich und faktisch verloren. Unser Widerstand ist sichtbar und ihr Gipfel nur noch eine Randnotiz.

Armee der Klone / Staatsgewalt

Bereits vor den ersten Protesten war Vielen klar, dass die Linie der Staatsgewalt gegen die Proteste das Ziel hatte, eine Aufstandsbekämpungsübung in einer der größten Städte Europas zu veranstalten.
Die zahllosen Menschenrechtsverletzungen werden derzeit von unterschiedlichen Akteur*Innen aufgearbeitet. Die dokumentierten Rechtsbrüche der Polizei bezeugen eine rücksichtslose Machtdemonstration. Gegenstimmen unerwünscht! Die Gewalt-orgien der Polizei dürfen nicht als Normalität hingenommen werden.

Weil aktuell alle in einen Rausch der Distanzierungen eintreten: Wir distanzieren uns in aller Form von den gewaltbereiten, vermummten Truppen von randalierenden Chaot*innen, welche versuchen die Menschenrechte von Tausenden zu unterbinden. Sie nahmen bei ihrem Vorgehen Tote in Kauf (Massenpanik z.B. bei „Welcome to Hell“), zielten mit scharfen Waffen auf Menschen und schossen in Wohngebieten (mit Schrotflinten und Pistolen). Teil ihrer uniformierten Vermummung war meist die Aufschrift: Polizei, BFE oder SEK. Hiervon möchten wir uns in aller Form distanzieren.

Die Situationen am Schulterblatt und im Schanzenviertel sollten weiter analysiert und diskutiert werden. Durch die Abwesenheit von Staatsgewalt kam es zu diversen Aktionen unterschiedlicher Akteur*Innen in diesem Bereich. Nach allem was wir erlebt, gesehen und im Nachgang berichtet bekommen haben, hat sich eine Gruppe von Menschen unterschiedlichster sozialer Milieus in diesem Bereich ausgetobt. Grenzen zwischen Aktivist*Innen, Anwohner*Innen, autonomen, internationalen, betrunkenen und vollkommen unpolitischen Menschen verschwammen.

Eine Vielzahl der Aktionen in diesem Bereich halten wir für unvermittelbar und sowohl von der Aktionsform, als auch inhaltlich für falsch! Brandanschläge auf bewohnte Gebäude empfinden wir als grundsätzlich richtig scheiße! Wir finden es vorteilhaft, dass Gruppen sich erklären, die scheinbar unvermittelbare Aktionen erhellen.

Spannend bleibt die soziologische Analyse, warum unbeteiligte Menschen den kurzzeitigen rechtsfreien Raum für einen eigenen Aufstand genutzt haben.

Solidarität

Der G20 Protest war vor allem ein internationaler Gipfel der gelebten Solidarität. Das Netzwerk aus Care-Strukturen durchfloss die gesamte Stadt. Oasen des Widerstands gab es überall. Wir haben noch nie zuvor so starke, gut organisierte und gut aufgestellte Strukturen, wie im Zuge des G20 Protestes, erlebt.

Wir werden einige vergessen, aber die selbstorganisierten Gruppen des EA, Legal Teams, Sanis, Demobeobachter*Innen, Out of Action, Camps, Zentren, Küchen, FCMC, Medien und der solidarischen Anwohner*Innen verdienen unseren Respekt. Eine andere Welt ist möglich und es gibt sie schon ganz konkret. Ein großer Dank an euch alle!

Aktuell erleben wir einen gesellschaftlichen Backlash gegen alles Linke, Emanzipatorische und Solidarische. Angriffen von einem Teil der Gesellschaft und einiger Hardliner gilt es entschlossen entgegen zu treten!

Wir solidarisieren uns daher mit allen emanzipatorischen Gruppen, die beim G20 Protest aktiv waren. Im Besonderen mit den von der ersten Repressionswelle betroffenen Projekten:
Der roten Flora,
Der Hafenstraße,
Dem Gängeviertel,
Der Rigaer,
Dem Conne Island,
Werk II,

auch nach dem G20 gilt: Der Kampf geht weiter!

Für die befreite Gesellschaft und lasst endlich die gefangenen Menschen frei.

Blackkitchen – Riot Catering

— see us on the streets

PS: Eigentliche Auswertung: Wir haben 5000-6000 Essen gekocht + 800-1000 Essen von anderen Küchen ausgegeben. War alles super bei uns :). Großer Dank an das die Oase für ihre fantastische Arbeit!